Brainfood 28.12.2017
Kristallkugel 2018 - Welche Überraschungen hat das Jahr 2018 für uns bereit? Wagen Sie mit uns einen Blick in die Kristallkugel und geben Sie Ihre Tipps ab. Zu gewinnen gibt es ein Jahresabo des Online Magazins Republik für das Jahr 2019.
Hier geht's zum Quiz. Teilnahmeschluss ist der 15. Januar 2018.
Unwort des Jahres - sicher hat jeder Leser einen eigenen Favoriten, der sich als Unwort eignen könnte. Uns sind spontan zwei Begriffe in den Sinn gekommen: Fake News und NoBillag.
Während in der politischen Schweiz die Debatte um die kommende Billag Vorlage tobt, gibt es auch konstruktive Geschichten im Bereich der Medien. Ein spannendes Projekt ist das Online Magazin Republik, das Anfang 2018 an den Start gehen wird.
Unabhängiger, qualitativ hochwertiger Journalismus ohne Werbung und nur von den Lesern finanziert - das ist die Ansage.
Was uns gefällt: hier soll mit einem marktorientierten Modell Journalismus betrieben werden, der einen Kontrapunkt zu Fake News und zwei oder drei dominierenden Medienhäusern im Land setzt. Dass das Publikum Interess an der Republik hat, zeigt der grosse Erfolg in der Crowdfunding Kampagne. Wir wünschen den "Republikanern" viel Glück bei ihrem Projekt und werden ein Auge darauf halten, ob die Versprechen auch eingehalten werden.
Digitalisierung - via Twitter hat uns Peter Hogenkamp auf einen altbekannten Namen in der Finanzbranche aufmerksam gemacht: Western Union. Das Unternehmen, das auf eine lange Geschichte zurückblicken kann, ist bekannt für seine weltweiten Zahlungsdienste. Gegründet im Jahr 1851 und in der ursprünglichen Zusammensetzung des Dow Jones Indexes 1884 enthalten, ist WU nach wechselvollen Besitzverhältnissen seit 2006 wieder an der amerikanischen Börse gelistet.
Der Digitalexperte hat in seinem Beitrag richtigerweise festgestellt, dass die Gebühren für Western Union Dienstleistungen exorbitant sind. Ein Blick auf die Website bestätigt, dass Online Überweisungen ab 3% kosten. Nun leben wir in disruptiven Zeiten, insbesondere für Finanzdienstleister. Die Prognose fällt deshalb nicht schwer, dass sich mit neuen Zahlungssystemen und Payment Apps die Zeit hoher Gebühren für Marktteilnehmer wie Western Union dem Ende zuneigen.
Und tatsächlich, die Quartalszahlen zeigen, dass die Gesellschaft nicht wächst und in einzelnen Märkten der Umsatz schrumpft. Die Margen sind (noch) üppig, was mit den hohen Gebühren auch nicht verwundert. Am Aktienmarkt hinterlassen diese Trends erste Spuren. Die Western Union Aktie verliert stetig an Boden gegenüber dem Gesamtmarkt. Ein weiteres Zeichen der Zeit: WU gehört zu den zahlreichen Firmen, die mit Fremdkapital hohe Dividenden und Aktienrückkäufe finanziert. Man kann das auch "die Zitrone auspressen" nennen, bevor der Geschäftsgang solche Manöver nicht mehr erlaubt.
Warum erzählen wir Ihnen das? Als Bürger dieses Landes sind wir alle direkt mitbeteiligt an Western Union. Durch das 80 Mrd. Dollar schwere Engagement der Schweizerischen Nationalbank in amerikanischen Aktien gehören uns 1.7 Mio Aktien (Kurswert 33 Mio USD) an dieser Gesellschaft.
Aufgefallen - dieser Tage hat ein alter Börsenliebling die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Kleiderkette H&M musste nach einer Umsatzwarnung einen Kurssturz von 14% hinnehmen. Die scharfe Reaktion des Marktes auf den schleppenden Geschäftsgang ist eigentlich überraschend, denn der Aktienkurs des schwedischen Vorzeigeunternehmens fällt nunmehr seit über zwei Jahren und hat sich mittlerweile halbiert.
Was ist geschehen? Eigentlich handelt es sich um einen typischen Fall von "erfolgreiches Konzept - hohes Wachstum - Expansion - Überexpansion - Korrektur". Dass etwas im Hause H&M nicht mehr richtig läuft, hat der Aktienmarkt frühzeitig erkannt. Tatsache ist, dass H&M seit dem Jahr 2012 die Anzahl Stores weltweit von 2'776 auf 4'351 erhöht hat. Einhergehend mit dieser Expansion hat der Umsatz um 58% zugelegt, was aber nur noch einen Anstieg des operativen Gewinns um 9.5% bewirkte. Das zusätzliche Wachstum wurde also mit einem Einbruch der operativen Marge von 18 auf 12.4% erkauft.
H&M ist ein gut geführtes Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalrendite von rund 30%. Wenn man diese Zahl mit der Finanzbranche vergleicht, ist das schon fast ein unanständig hoher Wert und beeindruckend für ein Unternehmen, das Billigklamotten vertreibt.
Wie geht es nun weiter? H&M zahlt eine hohe Dividende, die keineswegs mehr sicher ist. Das Management wird die Expansion drastisch drosseln, schlecht laufende Läden schliessen und versuchen, die hohen Lagerbestände abzubauen (Lagerbestand: 130 Tage bei H&M, 85 Tage bei Inditex). Diesen Teil des Zyklus haben schon andere Unternehmen der Branche durchlebt.
Unser Fazit ist zweiteilig: Idealerweise kürzt das Unternehmen die Dividende rasch, was den Aktienkurs noch einmal deutlich belastet. Dann könnte ein langfristiger Kauf ins Auge gefasst werden. Andererseits zeigt der Fall H&M einmal mehr, dass jedem High Flyer irgendwann der Zahn gezogen wird, was insbesondere für die launische Modebranche gilt. Ein schönes Beispiel für dieses Phänomen wäre das US Unternehmen GAP. Ältere Leser erinnern sich an die Geschichte. GAP war in den 90er eine heisse Geschichte und jeder USA Reisende füllte dort seine Einkaufstaschen. Für den Investor ist über eine Periode von 20 Jahren jedoch nichts Zählbares übrig geblieben.
Der digitale Staat - die Schweiz sonnt sich gerne in globalen Rankings zur Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Umso erstaunlicher ist es, dass der Bürger im Umgang mit dem Staat nichts von dieser Dynamik zu spüren bekommt. Weder e-Voting, elektronische ID, digitales Grundbuchamt, digitales Strassenverkehrsamt, Steuererklärung etc. wurden bisher umgesetzt. Für ein wenig Bewegung sorgt einzig der Kanton Zug mit verschiedenen Initiativen im Zusammenhang mit dem Bitcoin Boom. Insgesamt entsteht aber nicht der Eindruck, dass auf absehbare Zeit der Gang der Dinge beschleunigt wird. Wenn man bedenkt, dass der Nation eigens an einem Digitaltag die Bedeutung des Themas vermittelt werden muss und der Ruf nach einem Koordinator in der Gestalt einer Ms. Digital ertönt, dann ist das weit weg vom vielgepriesenen Innovationsgeist.
Wie es gehen könnte, zeigt Estland. Wer sich 15 Minuten Zeit nimmt, erfährt im lesenswerten Artikel "Estonia, the digital Republic" interessante Einblicke, wie weit die digitale Revolution dieses kleine Land bereits erfasst hat - zum Vorteil der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit.
Zum Schluss noch dies - die letzte Ausgabe des Brainfood beenden wir mit drei Kurznachrichten aus Amerika.
1. Der US Aktienmarkt ist 2017 um 20% gestiegen.
2. Die Republikaner haben ihre Steuersenkung durchgesetzt.
3. Die Lebenserwartung in Amerika sinkt.
Weekend Brainfood ist unsere Auswahl an Beachtenswertem, das im Verlauf der Woche aufgefallen ist. Kuratiert und ergänzt mit eigenen Meinungen.
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