Brainfood 28.2.2025

 

Donald Trump drückt dem Weltgeschehen den Stempel auf. Die Dynamik auf der Weltbühne ist hoch, mit einem Mann am Steuer, der zu unberechenbaren Manövern neigt. Was aber bedeutet das für die Finanzmärkte? Zum Ende des letzten Jahres lautete der Tenor, dass uns eine weitere günstige Phase für die Anlagemärkte bevorsteht. Deregulierung der amerikanischen Wirtschaft, sinkende Zinsen, Boom im Bereich künstlicher Intelligenz und starke Unternehmensgewinne waren die bestimmenden Themen. Die Haltung der Anleger zu Donald Trump liess sich so zusammenfassen: «Wer im Weissen Haus sitzt ist weniger wichtig als die Geldpolitik der Notenbank»

Welche Trends sich in den ersten Wochen der Ära Trump 2.0 herauskristallisiert haben und ob es Anzeichen für eine Neuorientierung gibt, dazu ein paar Beobachtungen:

 

Ein unerwartetes Revival

Die Dominanz der US Aktienmärkte ist eines der prägenden Themen an den Märkten. Grosser Optimismus und eine uniforme Übergewichtung kennzeichneten die Positionierung zum Jahresbeginn. Die Überraschung nach zwei Monaten folgt auf dem Fuss: die europäischen Märkte zeigen einen soliden Anstieg und dies ausgerechnet unter der Führung von Deutschland. Der Widerspruch dieser Entwicklung könnte nicht grösser sein, wenn man Stimmungsindikatoren betrachtet. «Es gibt keine bedeutenden Erfolgsgeschichten. Es wird unterschätzt, wie gross die Panik unter den DAX-Chefs oder im Mittelstand ist. Unternehmer sind in Schockstarre, keiner investiert mehr in Deutschland» (Frank Thelen, Unternehmer, NZZ, 21.2.25)

Wie ist diese Dekorrelation zu erklären? Die Finanzmärkte diskontieren potentielle Entwicklungen früh und zunehmend schneller. Möglicherweise antizipieren die Anleger eine fundamentale Neuorientierung in Europa, ausgelöst durch den Regierungswechsel in Deutschland, den revitalisierenden Elektroschock durch Trump, was zu einem Abbau schwerfälliger Regulierungen und einem Investitionsschub in Sicherheit, Infrastruktur und Technologie führen könnte. Mit einer ambitionierten Reformagenda, inkl. gelockerter Schuldenbremse hätte Deutschland Spielraum – doch ob es Europas Führung übernehmen kann, bleibt nach dem Wahlergebnis und trotz Börsenrally ungewiss.

 

 

 

Trump vs. Fed: Auf Kollisionskurs

Den Finanzmärkte drohen Turbulenzen, ausgelöst durch einen fundamentalen Konflikt zwischen Donald Trump und der Federal Reserve (Fed). Während Trump mit Zöllen und Zinssenkungen die Wirtschaft „rocken“ will, ringt die Fed unter Jerome Powell um Preisstabilität mit dem Ziel einer Inflation im Bereich von 2 %.

Trumps 25-Prozent-Zölle auf Stahl und Aluminium sowie drohende Handelsbarrieren verteuern Importe und treiben die Preise nach oben. Die Forderung nach Zinssenkungen kollidiert mit den jüngsten Inflationsdaten – im Januar stieg die Rate unerwartet auf 3 % und die Inflationserwartungen der US Konsumenten so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr.

Während Powell betont, dass die Fed „noch nicht am Ziel“ sei, könnten juristische Manöver Trumps Einfluss erheblich ausweiten. Das Justizministerium stellt bereits den Schutz der Fed-Gouverneure vor Entlassung in Frage – eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs könnte dem Präsidenten die Tür öffnen, das Führungsgremium nach seinen Wünschen umzugestalten.

Zudem untergraben neue Exekutivverordnungen die Autonomie unabhängiger Behörden. Sollte die Fed darunterfallen, wäre ihre geldpolitische Unabhängigkeit massiv bedroht. Eine politisierte Notenbank aber könnte ein toxisches Szenario schaffen – steigende Inflation, sinkendes Vertrauen und eine Fed, die nicht mehr unabhängig agieren kann. Ein Machtkampf mit unkalkulierbaren Konsequenzen für die Märkte wäre das Resultat.

 

 

 

Bewegung im Goldmarkt

Die Debatte um die US-Goldreserven ist so alt wie aktuell und undurchsichtig zugleich. Offiziell wird von rund 8.133 metrischen Tonnen gesprochen – doch es kursieren seit Jahren Zweifel an der tatsächlichen Verfügbarkeit. Die letzte vollständige physische Inventur in Fort Knox fand bereits 1953 statt, während spätere „Audits“ wie jene von 1974 lediglich einen Bruchteil des Bestands zeigten – ohne detaillierte Prüfung der Seriennummern oder Reinheitsgrade. Diese mangelnde Transparenz bietet seit langem reichlich Stoff für Verschwörungstheorien.

 

Elon Musk und Donald Trump haben in jüngster Zeit ihr Interesse an diesem Thema bekundet, was den Diskurs zusätzlich anheizt. Parallel dazu mehren sich Berichte über groß angelegte physische Goldtransfers aus London in die USA. Einige Beobachter bringen diese Vorgänge mit der Möglichkeit eines unabhängigen Audits in Verbindung – ein Schritt, der auch im Kontext einer potenziellen Neubewertung der Goldreserven diskutiert wird. Denn während der Buchwert des Goldes seit 1973 mit 42,22 USD pro Unze kalkuliert wird, liegt der heutige Marktpreis bei etwa 2.900 USD pro Unze. Eine Neubewertung würde bilanzielle Gewinne im Umfang von gegen $800 Mrd. generieren, was Trump auch im Zusammenhang mit seinem Plan, einen Sovereign Wealth Fund zu etablieren, in die Hände spielen würde.

 

Ob hier tatsächlich mehr dahinter steckt als nur Verschwörungstheorien, bleibt fraglich. Die anhaltend hohe physische Nachfrage wird allerdings durch den Einsatz des US-Dollars als wirtschaftliches Druckmittel begünstigt – sei es zur Durchsetzung politischer Interessen, zur Verhängung von Sanktionen oder zur Isolation bestimmter Akteure. Diese Entwicklung verdeutlicht die strategische Relevanz einer wertbeständigen, neutralen Alternative zur Absicherung gegen währungs- und geopolitische Risiken.

 

 

KI Investment Boom vor dem Reality Check

Kaum einzuordnen sind die Dynamiken im Bereich der künstlichen Intelligenz. Die Aufregung um DeepSeek hat in erster Linie zu einer Neubeurteilung der chinesischen Tech Unternehmen geführt. Alibaba (+50 % in einem Monat) oder Tencent haben gewaltige Kurssprünge vollzogen. Chinas AI Fortschritte mögen die Anleger verblüffen, vor allem aber führen sie dazu, dass die Kosten noch schneller sinken.

Momentan ist der Optimismus ungebrochen. Führende Technologieunternehmen planen für 2025 gewaltige Investitionen: Google ($75 Mrd.), Microsoft ($80 Mrd.), Meta ($60 Mrd.). Weiter will das von Trump geadelte KI-Infrastrukturprojekt «Stargate» (OpenAI, Oracle, Softbank u.a.) $500 Mrd. über vier Jahre in den USA aufbringen und die Vormachtstellung der Amerikaner sichern.

Dies wirft eine fundamentale Frage auf: wie endet dieser Hyperzyklus von Investitionen? Als Investor gilt es auf der Hut zu sein. Die massiven Ausgaben in KI-Infrastruktur, noch bevor klare, bahnbrechende Anwendungen existieren bergen das Risiko einer gigantischen Fehlallokation von Kapital. «Bei den derzeitigen Investitionen müssten wir in fünf Jahren zehn neue Apples oder Googles sehen» ( Damian Borth , Prof. für KI und maschinelles Lernen, HSG) – ob es soweit kommt, weiss niemand. Hingegen steigt das Risiko für die Finanzmärkte mit dem hohen Einsatz der grössten Unternehmen.

 

 

Spirituosen im Ausverkauf - eine Chance für mutige Anleger?

Die Spirituosenbranche steckt in einer tiefen Korrektur. Überkapazitäten nach der Pandemie, geopolitische Spannungen und Handelsbarrieren haben Unternehmen wie Rémy Cointreau, Pernod Ricard, Davide Campari oder Diageo hart getroffen. Doch mit Blick auf die langfristigen Fundamentaldaten stellt sich die Frage: Ist der Markt zu pessimistisch?

Alkoholische Genussmittel sind keine kurzfristigen Trends, sondern tief verwurzelte Konsumgüter mit globaler Nachfrage. Auch wenn Handelskonflikte schmerzen, bleibt die Marktmacht etablierter Brands ungebrochen. Besonders in Schwellenländern wächst die kaufkräftige Mittelschicht, die zunehmend auf Premium-Produkte setzt – ein struktureller Wachstumstreiber, der sich nicht über Nacht ändert.

Zudem zeigt sich, dass antizyklische Investoren bereits aktiv werden. Warren Buffett hat mit seinem Einstieg bei Constellation Brands ein Zeichen gesetzt. Wenn ein Altmeister der Märkte ein vermeintlich angeschlagenes Segment für attraktiv hält, lohnt sich eine nähere Betrachtung.

Die Börse übertreibt oft in beide Richtungen. Die Frage ist nicht, ob die Branche sich erholt, sondern wann. Für langfristige Investoren könnte der aktuelle Ausverkauf eine Gelegenheit bieten. Aber Achtung: Bei Alkohol im Depot oder im Glas sind immer die Risiken und Nebenwirkungen zu bedenken, was die WHO gerade letzte Woche mit einem neuen Warnhinweis betonte. «Drink and invest responsibly»

 

Christoph Offenhäuser

Partner, CEO

 

 

 

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