Der Blick vom Weissenstein

 

Rückblick 2024

Einige Anlageentwicklungen – kurz und bündig

Die Entwicklung der Finanzmärkte 2024 könnte man wohl als die grösste Überraschung des Jahres bezeichnen. Ende 2023 überboten sich die Finanzmarktanalysten mit Voraussagen, dass die Zinsen schneller fallen würden als sie gestiegen sind. Zinssenkungen mit einem Rückgang um bis zu 3% wurden prognostiziert, nur so könnte eine Rezession der Weltwirtschaft vermieden werden. Entsprechend waren denn auch die Marktprognosen: Aktien eher verhalten, Anleihen die Gewinner und der Dollar sollte zur Schwäche tendieren.

Die Märkte haben diese Prognosen ignoriert und - angeführt vom amerikanischen Markt - Traumrenditen von 5% - 25% erzielt. Die Notenbanken haben 2024 zwar mit Zinssenkungen begonnen, jedoch nur zögerlich und die Renditen sind bei längeren Laufzeiten sogar angestiegen. Der Jahresertrag von US oder deutschen Staatsanleihen lagen 2024 nur ganz knapp über Null. Der Zinsanstieg am langen Ende, widerspiegelt denn auch die robuste Weltkonjunktur mit tiefen Arbeitslosenraten und der Befürchtung, dass die Inflation wieder aufflammen könnte.

Unweigerlich stellt man sich die Frage, wieso die Analysten mit ihren Prognosen für 2024 so falsch lagen. Eigentlich lagen sie gar nicht so falsch, wenn man die Entwicklung der Realwirtschaft genauer betrachtet. Die Realeinkommen sind für viele Konsumenten in den USA und Europa nicht gestiegen, sondern haben an Kaufkraft verloren.

 

 

Wie kann eine solche Entwicklung von den Finanzmärkten einfach weggesteckt werden? Eine genauere Analyse der Aktienmärkte zeigt tatsächlich, dass 2024 ein Jahr mit zwei Gesichtern war. Die traditionellen Werte der Realwirtschaft, haben 2024 nicht überzeugt, während Technologiewerte besonders im Bereich der künstlichen Intelligenz explodierten. Ein Investitions-Tsunami der grossen Technologiefirmen in neue Datacenters, hat zu einer immensen Nachfrage nach spezialisierten Computerchips geführt. Ein paar wenige Titel sind denn auch verantwortlich für die überdurchschnittliche Performance des Gesamtmarktes. Der Dax zeigt exemplarisch, dass einige wenige Titel wie SAP, Deutsche Telekom, Siemens und die Versicherungen genügen, um einen ganzen Index explodieren zu lassen.

Wie untenstehende Grafik zeigt, haben letztes Jahr auf globaler Ebene Wachstumstitel Qualitätstitel um 18% übertroffen, und seit 2014 um mehr als 100%.

 

 

Ausblick 2025

Die Prognosen für 2025 zeigen alle in dieselbe Richtung. Mit dem Wahlsieg der Republikaner in den USA ist eine wirtschaftsfreundliche Regierung am Hebel der Macht, was die Aktienmärkte weiter beflügeln soll. Mit der Erhebung von Zöllen in den USA gegenüber dem Rest der Welt, profitieren in erster Linie die amerikanischen Firmen, die ihre Erträge hauptsächlich im Inland erwirtschaften.

Für Obligationen erwarten die Analysten auch für 2025 ein schwieriges Jahr, da sie eine höhere Inflation erwarten. Dementsprechend dürften die Notenbanken mit weiteren Zinssenkungen zuwarten. Höhere Zinsen in den USA sollten so dem USD weiter Rückenwind geben.

Soweit der Konsensus. Die Prognosen extrapolieren den Verlauf der letzten neun Monate, und der Boom um die Künstliche Intelligenz wird auch das bestimmende Element in 2025 bleiben. Die Uniformität der Prognosen ist schon beinahe beängstigend und alternative Überlegungen verdienen auch diskutiert zu werden.

 

Der Boom der künstlichen Intelligenz

Die wenigsten mögen sich erinnern, doch vor 24 Jahren gab es eine ähnliche Torschlusspanik an den Märkten, ausgelöst vom Mobilfunkstandard UMTS, wie heute bei der Künstlichen Intelligenz. Die Telekom Aktien erreichten Höchstwerte und die Unternehmen investierten Milliarden in Lizenzen und neue Sendemasten. Die Euphorie kam schnell zu Ende, da die Firmen mit den getätigten Investitionen keine entsprechenden Erträge erwirtschaften konnten. Es fehlte an konkreten Anwendungen und an Nutzer der neuen Technologien. Durchaus möglich, dass sich die Investitionen in Datacenters und Computerchips als Überinvestitionen erweisen werden, die nie den erhofften Ertrag erwirtschaften. Einerseits haben einfachere Anwendungen Künstlicher bereits im Alltag Fuss gefasst. So werden Übersetzungen seit mehr als 10 Jahren von KI unterstützen Modellen gemacht, und im Finanzwesen gibt es seit einiger Zeit die Roboadviser. Anderseits forschen Firmen wie Google, Tesla und Apple an autonomen Fahrzeugen, ohne dass der Durchbruch bereits gelungen wäre. Gerade bei anspruchsvolleren Aufgaben zeigt sich, die Umsetzung einer Idee dauert oftmals viel länger und ist komplexer als ursprünglich vermutet.

Künstliche Intelligenz wird unbestritten immer mehr in unserem Alltag präsent sein. Die Euphorie nach der Einführung von ChatGPT, steht jedoch in keinem Verhältnis zum kommerziellen Erfolg. Viele KI-Anwendungen sind frei verfügbar, und wenn man der Google Werbung ausweichen möchte, lässt man ein KI-Modell das Internet durchsuchen.

Eine neue Regierung in den USA

Im Januar 2025 wird Donald Trump beginnen seine Agenda umzusetzen. Höhere Zölle und eine neue Migrationspolitik sollen zusammen mit dem neuen Department of Government Efficiency die Binnenwirtschaft stärken. Die Anleihenmärkte befürchten, dass dies die Inflation wieder beschleunigen könnte, durch höhere Importpreise und einem Anstieg der Löhne, da weniger Arbeitskräfte ins Land gelassen werden.

Höhere Zölle werden wohl kaum zu höherer Inflation führen, da diese Güter nur eine unbedeutende Rolle in der Berechnung der Inflation haben. Zudem können die betroffenen Handelspartner, China, Mexico Canada und Europa, einerseits mit einer Abwertung einen Teil auffangen, anderseits kann ein Teil der Margen von den Importeuren aufgegeben werden. In der Vergangenheit hat hauptsächlich eine plötzliche Erhöhung der Energiekosten, zu höherer Inflation geführt, doch ein weiteres Ziel der republikanischen Regierung ist ja die Senkung der Energiekosten.

Europa mit angezogener Handbremse

In Europa können die Energiekosten wohl auch in den kommenden Jahren nicht massiv gesenkt werden. Die Abkoppelung vom russischen Gas und die Umsetzung der CO2 Zielsetzungen mit dem geplanten Stilllegen von Kohlekraftwerken, verteuert die Elektrizitätsproduktion, während die Nachfrage durch E-Mobilität und Wärmepumpenheizungen weiter steigt.

 

Die Europäische Industrie wie auch die Konsumenten werden wahrscheinlich noch längere Zeit die global höchsten Strompreise schultern müssen. Elektrizität kostet immer noch doppelt so viel wir vor der Energiekrise 2022.

Wenig überraschend hat der industrielle Sektor Mühe sich global zu behaupten. Die nahe Zukunft lässt nicht auf eine Trendwende schliessen. Die Initiativen zur CO2 Reduktion werden das wirtschaftliche Wachstum im globalen Wettbewerb weiterhin belasten. Eine Abkehr dieser Wirtschaftspolitik, welche die Kosten für Industrie und Konsumenten ignoriert, kann kurzfristig nicht mehr geändert werden.     

Nimmt die Schweiz die globale Entwicklung vorweg?

Die staatlich fixierten Energiepreise haben die Schweiz vor dem Inflationsschock 2022/23weitgehend abgeschirmt und zu weniger Verwerfungen in der Gesamtwirtschaft geführt. Die grossen Schweizer Firmen, eng gekoppelt an die Entwicklung der globalen Realwirtschaft, konnten sich jedoch der Schwäche in der verarbeitenden Industrie nicht entziehen, trotz einer weiteren Diversifikation der Handelspartner weg von Europa

Diese wirtschaftliche Abkühlung und rasch fallende Inflationsraten, haben die Schweizerische Nationalbank veranlasst, die Zinsen von 1.75% auf 0.5% zu senken, mehr als die US-Notenbank oder die ECB.

 

 

10jährige Obligationen rentieren Ende 2024 nur noch 0.25% und so hat die Performance von Schweizer Obligationen etwa gleich gut abgeschnitten wie der Schweizer Aktienmarkt. Gewinner waren die Immobilien Werte, die 2024 mehr als 15% zugelegt haben.

 

Markterwartungen 2025

Für 2025 erwarten wir eine seitwärts Bewegung der Aktienmärkte mit einer Gesamtrendite von unter 10%, wobei wir Qualitätstitel Übergewichten. Es ist durchaus möglich, dass Wachstumswerte gerade zu Beginn 2025 weiter positiv überraschen. Die Abkoppelung von den Qualitätswerten ist langfristig nicht aufrecht zu erhalten und bei einem Rückschlag drohen unberechenbare Verluste. Über alle Regionen hinweg bevorzugen wir gesamthaft eine leichte Untergewichtung der Aktien, bei den USA liegt der Fokus auf den inländischen Firmen im Mid Cap Bereich (Russell 2000), und einer Untergewichtung der Mega Caps (S&P 500).

Die wirtschaftlichen Aussichten in Europa sind weiterhin bescheiden, aber die Märkte sind korrekt bewertet und könnten von den weiteren Zinssenkungen profitieren. Die Schweizer Aktien erwirtschaften solide Erträge bei einer attraktiven Bewertung, es besteht jedoch kaum Hoffnung auf eine überdurchschnittliche Rendite ohne es einer globalen Wirtschaftserholung.

Obligationen haben nun ein positives Risiko/Rendite Profil. Die Zinskurven haben sich normalisiert, langfristige Anlagen rentieren wieder mehr als kurzfristige. Ohne externer Schock wird die Inflation weiter fallen, nicht zuletzt durch einen anhaltend deflationären Druck aus China. Zusammen mit den Zinssenkungen der Notenbanken kann mit einem Gesamtertrag der leicht über dem aktuellen Zinsniveau in EUR und USD gerechnen.

Eine Ausnahme bildet die Schweiz, wo nur noch wenig Zinssenkungspotential vorhanden ist und entsprechend währungsgesicherte Anlagen in EUR und USD bevorzugt werden. Auch nach Währungsabsicherungskosten besteht ein Zinsvorteil und die Möglichkeit von fallenden Zinsen zu profitieren.

Bei der Währungsentwicklung wird der USD sich wahrscheinlich noch längere Zeit auf hohem Niveau behaupten. Die US-Notenbank senkt die Zinsen später als die ECB, womit sich der Renditevorteil des USD ausweitet. Der EUR hat sich durch politische Probleme in Europa auf ein Niveau abgeschwächt, das längerfristig betrachtet attraktiv ist.

Gold bleibt weiterhin ein Element zu Portfoliodiversifikation. Nach einem Anstieg von rund 35% in CHF ist es angebracht die Position auf den langfristigen Zielwert zu reduzieren. Ein weiterhin hoher USD und zögerliche Zinssenkungen sind keine Unterstützung für das Gold oder andere Rohwaren.

Zusammenfassend sollte sich ein gut diversifiziertes Portfolio mit einer leichten Untergewichtung der Aktien zugunsten von Obligationen gut behaupten. Gold und Immobilien haben weiterhin ihren Platz, wobei wir für dieses Jahr mit bescheideneren Erträgen als 2024 rechnen.

 

Christoph Schweizer

Partner & CIO

Comment

Back to Overview