"Coming soon to your Bank Account: -5%"

 

 

Negativzinsen  - waren das dominierende Thema an den Finanzmärkten während den Sommermonaten. Schlagzeilen über hundertjährige Staatsanleihen , die noch knapp über Null rentieren oder Unternehmensanleihen mit Negativrenditen (z.B. Nestlé ) sind die Aufreger der Stunde.

Gut möglich, dass wir hier erst den Anfang eines Zyklus sehen, der unabsehbare Folgen hat. In einem bisher wenig beachteten Working Paper haben Ökonomen des IWF ein (theoretisches) Manual zu Handen der Zentralbanken publiziert. Der Titel lautet "Enabling Deep Negative Rates to Fight Recession".

 

Basis des Dokuments sind folgende Thesen:

  • 10 Jahre nach der Finanzkrise ist es den Zentralbanken nicht gelungen, mit tiefen, rsp. leicht negativen Zinsen das Wachstum nachhaltig anzuheben (Europa).
  • Der Handlungsspielraum im Fall einer schweren Rezession ist ausgeschöpft. Typischerweise müssten in einem Zinssenkungszyklus die nominellen Zinssätze 5-6% gesenkt werden, um die Wirtschaft anzukurbeln.
  • Der Nutzen von QE wird in Frage gestellt (!)
  • Fiskalpolitik ist nicht ausreichend, um die Wirtschaft rasch und nachhaltig zu stimulieren (was genau das Gegenteil ist, was z.B. von Deutschland neuerdings gefordert wird).
  • Zinsen um Null Prozent (zero lower bound) bleiben auf Jahre hinaus Realität. Zinsen temporär tief im negativen Bereich sind erste Wahl beim Überwinden von Konjunkturschwäche.
  • Die Wirksamkeit (tief) negativer Zinsen kann vorallem dadurch erhöht werden, indem Bargeld effizient belastet und Ausweichmanöver unterbunden werden.

 

Das Working Paper gibt detaillierte Anweisungen, wie Bargeld effizient mit Negativzinsen zu belasten ist (Funktionsweise z.B.: Bezug von 100 Franken Cash am Geldautomat löst eine Belastung von 105 Franken auf dem Konto aus), bis zu Massnahmen wie dem Verbot von Geschäftsmodellen, welche die Aufbewahrung von Bargeld anbieten und natürlich der Abschaffung grosser Stückelungen wie der 1000er Note.

Ausserordentlich unverfroren sind die Vorschläge zur Überwindung des zu erwartenden politischen Widerstands: Banken sollen dazu "angehalten" werden, Retailkunden nicht mit Negativzinsen zu belasten. Der Transmissionsmechanismus der Negativzinsen soll auf die Geschäftsbanken übertragen werden, um die politischen Kosten für die Notenbanken abzufedern: "..when working through banks, anything that would be a political problem for the central bank becomes a customer relationship management problem for the commerical banks.."

Ebenfalls ungeheuerlich sind die Vorschläge , wie Banken ihre Kunden davon abhalten sollen, zuviel Cash abzuheben. Dazu gehört auch die nachträgliche Anpassung von Verträgen und allgemeinen Geschäftsbedingungen, um den Handlungsspielraum der Kunden einzuschränken.

 

Das 89seitige Positionspapier ist Hinweis darauf, was uns in nicht ferner Zukunft erwartet und wirft ganz schwere Bedenken auf:

 

  • Nicht demokratisch legitimierte Institutionen wie IWF oder Zentralbanken sind mehr denn je von ihrer wirtschaftlichen Allmacht überzeugt.
  • Warum Negativzinsen von minus 5 bis 10 Prozent die Wirtschaft ankurbeln sollen wird nicht plausibel erklärt. Mit keinem Wort wird auf die verheerenden Konsequenzen für Sparer und Vorsorgewerke eingegangen.
  • Der Leitfaden ist sehr weitgehend, vermeidet aber ein effektives Bargeldverbot. Die Autoren sind offenbar der Meinung, dass die vorgeschlagenen Mittel ausreichen, um diese einschneidende Massnahme zu Umgehen.
  • Die Profitabilität der Banken kann mit geeigneten Instrumenten geschützt werden. Ein Blick auf die Aktienkurse der europäischen Banken zeigt: Irrtum!
  • Ausweichmanöver: keine Erwähnung finden die logischen Fluchthäfen Gold oder Kryptowährungen. Wird stillschweigend angenommen, dass mit "Bargeld" auch die Alternativen gemeint sind? Ein Run auf alternative "Währungen" liegt jedoch auf der Hand.

 

Der IWF weist mehrfach darauf hin, dass mit politischem Widerstand zu rechnen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die wesentlichen Akteure (unabhängige Ökonomen, Geschäftsbanken und Politiker) die gefährlichen Bestrebungen von Währungsfonds und Zentralbanken rechtzeitig unterbinden.

 

Christoph Offenhäuser

Weissenstein & Partner

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