Brainfood 18.5.2018
Kurz notiert
- Japan Post Bank - Den Banken wird gerne vorgeworfen, dass sie wegen Fehlanreizen (sprich Bonuskultur) unbotmässige Risiken eingehen. Wenn diese Risiken schliesslich zu grossen Verlusten und dem Kollaps eines Finanzinstituts führen, muss der Steuerzahler für die Rettungsaktion aufkommen. In Japan nun sehen wir ein Beispiel dafür, was passiert, wenn die Zentralbank die Zinsen zu lange bei Null belässt. Finanzinstitute sehen sich veranlasst, die Risiken zu erhöhen, um die geforderten Erträge zu erwirtschaften. Im Fall der zur Mehrheit in Staatsbesitz befindlichen Japan Post Bank , sieht es so aus, dass das Institut einen eigenen Inhouse Hedge Fund im Umfang von USD 1.5 Mrd. lanciert. Wir erinnern uns hier an den Fall einer bekannten Schweizer Bank, die vor über 10 Jahren von der gleichen Idee beseelt war. Es endete schlecht, aber es mag gut möglich sein, dass es die Japaner besser im Griff haben.
- Tettamanti - Eine lesenswerte Rückschau auf das Leben eines wahren Kapitalisten hat die NZZ publiziert. In Amerika wird der gleichaltrige Warren Buffett schon zu Lebzeiten fast selig gesprochen. Tito Tettamanti hat jedoch in der Schweiz nie eine grosse Wertschätzung erfahren. Vielleicht zu Unrecht? Als Investor steht er dem Amerikaner übrigens in nichts nach. Hier der Vergleich mit seinem 1999 gegründeten Sterling Strategic Value Fund und Berkshire.
- Crowdinvesting - Wir haben in einem früheren Beitrag die neue Anlagemöglichkeit des Immobilien Crowdinvesting vorgestellt. Ein Update zu dieser an Popularität gewinnenden Anlageform ist in diesem Bericht von SRF Eco zu sehen.
- Vollgeldinititative - Bisweilen wird das Schweizer Stimmvolk aufgerufen, zu allerhand Banalitäten Stellung zu beziehen. Dann und wann kommen aber Vorlagen zur Abstimmung, die disruptives Potential haben. Die Vollgeld Initiative, über die am 10. Juni 2018 abgestimmt wird, gehört zur letzteren Gattung. Die Kritiker der direkten Demokratie schweizerischer Prägung werden sich bestätigt fühlen.
Zur Vollgeldinitiative: angestrebt wird eine grundlegende Reform der Schweizer Geldordnung. Die Auswirkungen sind umstritten und wohl für die meisten Stimmbürger zu kompliziert und nicht nachvollziehbar. Nicht zuletzt deshalb wird die Initiative massiv abgelehnt werden, denn im Zweifelsfall folgt das Stimmvolk der Regierung. Wer es sich trotzdem nicht so einfach machen möchte, dem empfehlen wir den "neutralen Leitfaden für jedermann" , den die beiden Porfessoren Birchler und Rochet vom Institut für Banking und Finance der Uni Zürich verfasst haben. Die Ausführungen sind auch im Hinblick auf die Diskussion um digitale Zahlungsmittel lesenswert.
Macron - ein Jahr ist er im Amt und der Eindruck, den der junge Präsident bisher hinterlassen hat, lässt sich in etwa so zusammenfassen: ein bisschen Glanz & Gloria, gepaart mit gutem Willen für zaghafte Reformen und dem einen oder anderen Fehltritt . Gut gepflegt wollen weiterhin die französischen Grossmachtallüren sein und europapolitisch ist er an der deutschen Mauer aufgelaufen. Aber, Macron hat kein einfaches Los gezogen, wie die Streiks bei der SNCF und Air France zeigen. Es läuft das immer gleiche Muster ab, an das man sich mittlerweile bei jeder französischen Präsidentschaft gewöhnt hat. Auch kleinste Reformen werden mit einem Protest von der Strasse erstickt.
Trotzdem überwiegt an den Märkten vorderhand zu Recht ein vorsichtiger Optimismus , denn wie es der Chefökonom der Swiss Life formuliert: "Das Totalversagen der Altparteien und die schwindende Popularität von Marine Le Pen lassen es heute wahrscheinlich erscheinen, dass die Wähler Macron eine zweite Amtsperiode bis 2027 gewähren. In diesem Fall hätte er zehn Jahre Zeit für einen nachhaltigen Wandel." Leicht euphorisch sieht gar das Wirtschaftsmagazin Forbes die Perspektiven Frankreichs unter Macron. Unter dem Titel "France's Big Pivot" wird das grosse unternehmerische Potential des Landes positiv gewürdigt. Lesenswert.
Argentinien - ist wieder in den Schlagzeilen. Und der Grund dafür ist eine Geschichte, die nur die Finanzmärkte schreiben können. Blicken wir zurück: Vor knapp zwei Jahren übernahm Mauricio Macri die Präsidentschaft von der korrupten Vorgängerregierung und er machte sich sogleich beherzt mit Reformen ans Werk. Nach 100 Tagen im Amt titelte die NZZ, dass unter Macri Argentinien wieder eine Vorreiterrolle in Südamerika einnehmen könnte, wobei der Hinweis auf die riskante Strategie des Regierungschefs nicht ausblieb.
In der Tat nahm der Erfolgszug Argentiniens weiter Fahrt auf und kulminierte Mitte letzten Jahres mit der eigentlich unglaublichen Emission einer 100jährigen USD Anleihe mit einer Rendite von 8%. Man muss sich das vorstellen: Nicht nur ging das Land in den letzten 200 Jahren achtmal bankrott, wobei die letzte Pleite erst im Jahr 2001 erfolgte. Nein, die Euphorie der Anleger gipfelte darin, dass für die USD 2.75 Mrd. Anleihe Zeichnungen über 10 Mrd. eingingen. Marktkommentatoren waren sich einig: das sind typische Symptome einer Blase. Sechs Monate hat es nur gedauert, bis die Argentinien Blase geplatzt ist. Hohe Inflation, kollabierende Währung, Stimmungsumschwung gegenüber Schwellenländer Anlagen generell und der Macri Zug musst mit der IWF Notbremse gestoppt werden.
Masayoshi Son - Wir haben in einer früheren Ausgabe von Brainfood über den Gründer von Softbank berichtet, und zwar im Zusammenhang mit der Lancierung des 100 Mrd. USD schweren Venture Capital Vehikels "Vision Fund" sowie der geplanten Beteiligung an Swiss Re. Die wenig plausible Transaktion mit dem Schweizer Rückversicherer ist mittlerweile etwas eingeschlafen. Vielleicht haben die Beteiligten selber bemerkt, dass ausser Financial Engineering nicht viel mehr Substanz dahinter steckt. Beim Vision Fund jedoch hat Son rasch Nägel mit Köpfen gemacht. Die fehlenden Milliarden wurden zwischenzeitlich u.a. bei Daimler eingesammelt. Die Bedeutung des Vision Fund mit seiner schieren Grösse kann nicht genug betont werden. Der Economist wirft einen kritischen Blick auf die riskante Strategie von Masayoshi Son.
Kleine Brötchen werden in der Schweiz gebacken. Mit einem Zukunftsfonds sollen vorerst 500 Millionen Franken auch in lokale Startups investiert werden. Vielleicht wird es sich als Glücksfall erweisen, dass in diesem aufgeblasenen Umfeld nicht mehr Geld in überbewertete Venture Capital Projekte investiert werden kann.
Digitale Vermögensverwaltung - Das Bankgeschäft ist im Umbruch. Wir wissen es alle und tatsächlich kommen auf leisen Sohlen neue Anbieter mit neuen Geschäftsmodellen und Dienstleistungen auf den Markt. Einfach ist es nicht für Newcomer, die Kunden mit innovativen und günstigen Angeboten aus ihren festgefahrenen Strukturen (sprich Kundenbeziehungen bei Gross- und Kantonalbanken) herauszulösen.
Im Anlagegeschäft gibt es seit vielen Jahren digitale Dienstleistungen. Schnellen Handel zu unschlagbar tiefen Preisen offerierte z.B. Swissquote schon im Jahr 2000, aber auch für den Online Leader der Schweiz dauerte die Durststrecke eine gefühlte Ewigkeit. Im Jahr 2003 betreute Swissquote 27'000 Kunden mit einem mickrigen Anlagevermögen von 1.1 Mrd. Franken. 15 Jahre später schliesslich sind es 237'000 Kunden mit 24 Mrd. Franken Assets. Trotz der erfolgreichen Entwicklung ist Swissquote, wie ganz allgemein Bankaktien, ein Minenfeld für Anleger. Wie dieser Chart zeigt, hat erst der Boom in Kryptowährungen der Aktie einen entscheidenden Schub nach oben beschert.
Ein neuer Anbieter, und im weitesten Sinn Konkurrent auch von Weissenstein & Partner, ist uns diese Woche aufgefallen. Der digitale Anlageberater Clear Minds will mit einem konkurrenzlosen Angebot den Markt für Beratungskunden aufmischen. Konkret: Kunden, die ihrer Bank, rsp. dem Vermögensverwalter kein Verwaltungsmandat erteilen wollen, können bei Clear Minds für eine Flatrate von CHF 468 p.a. digitale, personalisierte Anlageberatung beziehen. Dazu kommen noch die Transaktionsgebühren und Kosten der Depotbank (Swissquote).
Es freut uns, dass ein neuer Mitbewerber mit der gleichen Philosophie - transparente, kostengünstige Konditionen - am Markt aktiv wird. Wir stellen fest: Kunden, die sich immer wieder über die hohen Kosten ihrer Vermögensverwaltung bei den Banken ärgern, haben eine vielfältige Auswahl an Angeboten. Sie müssen diese nur nutzen.
Weekend Brainfood ist unsere Auswahl an Beachtenswertem, das im Verlauf der Woche aufgefallen ist. Kuratiert und ergänzt mit eigenen Meinungen.
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