Brainfood 20.3.2020
Das Licht am Endes des Börsentunnels - ist noch nicht auszumachen. Es müssen erst bessere Zeiten an der Corona Front anbrechen. Aber wer will, der findet erste gute Nachrichten:
- Wuhan: erstmals wurden am Donnerstag keine neuen Infektionen gemeldet.
- Innovation aus Afrika: Das Institut Pasteur in Senegal hat in Zusammenarbeit mit einer Biotech Firma einen Schnelltest für COVID19 entwickelt. Resultat in 10 Minuten verfügbar, Kosten 1 USD.
- Japan: die Provinz Hokkaido hat den am 28.2. erklärten Notstand wieder aufgehoben.
- Die Entwicklung eines Impfstoffs läuft auf Hochtouren. Es wird aber Monate dauern, bis ein Wirkstoff verfügbar ist. Hingegen gibt es Hinweise, dass ein Mix von bestehenden Medikamenten Wirkung zeigt. In Indien erholten sich ältere Patienten nach der Verabreichung einer Kombination von HIV und Malaria Medikamenten. Weitere zeigt eine neue Studie, dass das Malaria Medikament Chloroquine Wirkung im Kampf gegen das Virus zeigt.
- Drive in Testing: Ein Grund, weshalb Südkorea die Fallzahlen langsam in den Griff bekommt, ist die hohe Kadenz von Corona Tests. Dort wurde das sogenannte drive-through Testing erfunden. In der Schweiz hat der Kanton Bern das Konzept übernommen und kann bis 3'000 Tests täglich durchführen, dies nachdem die Kapazität für das ganze Land bisher bei 2'000 beschränkt war.
- "The Wall is up and Israel is now a Fortress" - das Land ist frühzeitig mit drastischen Massnahmen aufgefallen. Es scheint zu wirken: zwar steigen die Fallzahlen auch an, aber mit 530 liegen sie weit hinter der Schweiz. Am Rand notiert: der Mossad kaufte 100'000 Test Kits, unbrauchbare wie sich herausstellt. Immerhin, die Idee war gut.
- Roche hat erst vor wenigen Tagen die Zulassung für ein Test Kit erhalten. Jetzt werden bereits 400'000 Einheiten produziert - wöchentlich. Ein Medikament zur Behandlung von Gelenkentzündungen scheint bei schweren Corona Verläufen Wirksamkeit zu zeigen. Klinische Tests sind auf dem Weg.
Das Aktionsschild - hängt an der Eingangstür zum Aktienmarkt:
- 49% Swiss Re
- 23% Novartis
- 34% BASF
- 34% ABB
- 40% Adidas usw.
Das sind beliebige Beispiele für die "Preisnachlässe", die es an den Börsen für Blue Chips innerhalb von vier Wochen gegeben hat. Mutige Käufer sind in den Startlöchern, assistiert von den Banken. Die UBS ist immer noch überzeugt, dass die Märkte Ende Jahr viel höher stehen als heute. Die Bank Schroders hält Ausschau nach günstig bewerteten Märkten und die Finanzpresse wagt sich mit einem vorsichtigen "Sollen Anleger jetzt wieder Aktien kaufen?" aus der Deckung.
Im Wissen darum, dass diese smarten Experten durchaus recht haben mögen, hier ein paar Punkte, die es beim "Shopping" zu beachten gilt:
Zeithorizont
Wer jetzt mit einer Optik von 3-6 Monaten kauft, sollte es bleiben lassen. Der CIO der UBS irrt sich, wenn er behauptet, dass die Märkte Ende Jahr höher liegen als heute. Das kann jetzt niemand wissen.
Diversifikation
Beim Kauf von ETFs und generell Aktienfonds genau hinschauen, was drin steckt. Im Small Midcap Bereich z.B. sitzen in der Schweiz alle Investoren im gleichen Boot. Partners Group, Sonova, Sprüngli, Straumann, Schindler etc. gehören zu den "overowned stocks" und sind in einem Abschwung bei grossen Fonds-Rücknahmen besonders unter Druck. Vice versa waren es auch jene Titel, die in der Hausse am meisten gestiegen sind aus den gleichen Gründen.
Rote Flaggen
Wichtig ist zu unterscheiden, ob eine Aktie wegen den Marktumständen stark gefallen ist, oder ob ein Unternehmen bereits vor der Corona Krise aufgrund des Geschäftsmodells oder hoher Verschuldung angeschlagen war. Vorsicht ist bei Unternehmen geboten, bei denen in nächster Zeit der Staat als Lender of Last Resort einspringen wird oder deren Geschäft mit Verzögerung von der Rezession getroffen wird.
Neue Ideen
Statt sich im Stockpicking zu versuchen und mit den immer gleichen Aktien zu jonglieren, wäre jetzt vielleicht der Zeitpunkt, sich Themen zuzuwenden, die auch nach dieser Krise noch relevant sind: Smart Grid, Gesundheit, nachhaltige Wirtschaft, Fintech, Cybersecurity usw. Eine Übersicht bietet die Credit Suisse mit ihrer Broschüre Supertrends .
Die Corona Bombe - ist hochgegangen, das Finanzsystem bebt. Mit allen verfügbaren Mitteln wird jetzt versucht, die Kernschmelze zu stabilisieren. Allein in den letzten beiden Tagen sind diese Massnahmen angekündigt worden:
- USA: Die Rede ist von einem Konjunkturprogramm über USD 1 Billion, allenfalls mit Direktzahlungen an die Bürger verbunden. Zwischenzeitlich sind die Zinsen auf Null gesenkt worden, begleitet von einem QE Programm über 700 Mrd.
- UK: Die Regierung will Kreditgarantien über 330 Milliarden Pfund gewähren (15% des Bruttosozialprodukts!), sowie weitere 20 Milliarden Pfund an Steuersenkungen und Sofortmassnahmen für Unternehmen sprechen.
- Deutschland: der Finanzminister kündigt an, dass es keine Grenze nach oben bei der Kreditsumme gibt, welche die KfW vergeben kann.
- EZB: nach dem zögerlichen Auftritt von letzter Wochen ist Lagarde zurück und verkündet ein QE Programm im Umfang von EUR 750 Milliarden.
- Frankreich: plant Notfallmassnahmen im Wert von EUR 40 Milliarden und will Firmenkredite über EUR 300 Milliarden garantieren.
- Schweiz: hier ist man vorläufig bescheidener in den Ambitionen, aber Ökonomen fordern ein 100 Milliarden Franken Programm, um die Wirtschaft zu schützen.
Nachdem wir versucht haben, positive Aspekte zu artikulieren, gilt es auch die weniger vorteilhaften Szenarien zu beleuchten. Die Ankündigungen haben bis jetzt keine Wirkung entfaltet. Im Gegenteil, bedrohliche Zeichen deuten an, dass die Finanzmarktstabilität in Gefahr ist. Der Blick nur auf die Aktienmärkte, die Volatilität oder die Risikozuschläge bei Obligationen ist nicht ausreichend, um die Lage zu erfassen. Die Spannungen sind besonders bei der Verfügbarkeit von USD Liquidität akut. Die US Notenbank hat deshalb die Swap Linien auf weitere Länder wie Mexiko, Brasilien sowie Dänemark und Schweden ausgedehnt. Die Bewegungen, rsp. die Stärke des USD gegenüber verschiedenen Währungen in den letzten Tagen ist verblüffend. Ein Twitter Blog-Eintrag des Marktkommentators Raoul Pal erklärt, um was es geht und es ist nicht schön:
"I think that the authorities have no chance to catch up on what is happening in the markets. One by one, they are shutting down. All liquidity has gone as key parts of the global financial architecture have stopped functioning entirely.
The net result is going to be a scramble for dollars unseen in our lifetimes. The 1930s was the last time we saw this as money poured into the US, forcing an eventual devaluation vs. gold.
This time, the very dollar system is at risk and the way it is going to play out is via dollar strength, not weakness. I do not see any mechanism to stop this. Oil falling to USD 22 in a couple of weeks is a shock, that the global funding markets can not take. There are simply not enough dollars being generated as the world shuts down. There is no funding mechanism to alleviate it.
I don't think, swap lines are going to work. There is no way to create the USD 15 trillion needed offshore and also provide for the dollar shortage onshore in the US.
This is going to get really, really ugly for Emerging Markets and global economies and banking systems. The US has its own set of problems post-regulation. All global regulations post GFC (global financial crises) are going to have to be undone but I am not sure, we will have time to change.
At the end of all this, we will need to create a new system from scratch. The global central banks have been telling us this for a long time now. It will take time to play out and central bank balance sheets are going to explode to levels never imagined. We have created the perfect storm. An unimagined global financial, economic and potentially humanitarian crisis, that is going to take everything we have to stop it. I am just not sure it is possible. Good luck. This is not a drill."
Weekend Brainfood ist unsere Auswahl an Beachtenswertem, das im Verlauf der Woche aufgefallen ist. Kuratiert und ergänzt mit eigenen Meinungen.
Comment