Digitale Zahlungsmittel
Digitale Zahlungsmittel - ein Versprechen für die Zukunft?
Transaktionen durch Blockchain-Verbindungen und die rasante Verbreitung von Kryptowährungen stellen die bewährten Zahlungsmittel auf den Prüfstand. Ein Vergleich der heutigen Zahlungsmittel, von Bargeld über elektronischen Zahlungsverkehr zu Kryptowährungen, zeigt klar in welche Richtung die Entwicklung geht.
Bargeld - Münzen und Noten
In der Schweiz gilt Bargeld immer noch als das beliebteste Zahlungsmittel. Bargeld besticht durch eine Reihe von Vorzügen, welche die bereits existierenden elektronischen Zahlungsmittel heute (noch) nicht bieten können. Konkret: Jede Transaktion findet ohne Zeitverzögerung, ohne Transaktionskosten und zwischen Teilnehmern statt, die keine Verbindung zueinander haben. Der einzige Nachteil: Bargeld bedingt die physische Präsenz der Beteiligten. Seit der Einführung von Münzen und Banknoten hat bei Bargeld keine Weiterentwicklung stattgefunden. Der Wert bleibt fix an ein analoges Medium, eine Münze bzw. eine Banknote gebunden.
Bargeldlos zahlen - das Angebot der Banken
Verglichen mit Bargeld sind elektronische Überweisungen keine günstigere Alternative. Es entstehen Transaktionskosten, Geschäfte werden nicht in Echtzeit abgewickelt und können nur zwischen Teilnehmern stattfinden, die ein Konto besitzen. Der elektronische Zahlungsverkehr ist teuer und ein Flickwerk von sich konkurrierenden Techniken und Unternehmen. Ohne kostenpflichtiges Konto kann man nicht am elektronischen Zahlungsverkehr teilnehmen. Das gilt auch für Leute, die mit Apps wie Twint Geld transferieren wollen. Postfinance z.B. belastet Kunden, die über einen Saldo von weniger als CHF 7'500 verfügen, für die Kontoführung CHF 60 pro Jahr. Die Konditionen anderer Institute sind vergleichbar. Das tönt nach einem bescheidenen Betrag, aber im Kontext der Gesamtwirtschaft kommen nicht unerhebliche Kosten von rund CHF 300 - 350 Mio. jährlich zusammen, die lediglich dafür aufgewendet werden, um Zahlungen abwickeln zu können.
Mit einem Konto allein beschränkt sich die Teilnahme am elektronischen Zahlungsverkehr auf Überweisungen, Bankomatbezüge oder Einkäufe im Detailhandel. Für viele andere Transaktionen bleibt der Besitz einer Kreditkarte unverzichtbar, z.B. um ein Hotelzimmer zu reservieren, einen Flug zu buchen oder Käufe im Internet zu tätigen. Auch bei den günstigsten Kreditkartenanbietern kommen so nochmals mindestens CHF 25 pro Jahr an Gebühren dazu. Personen ohne oder mit einem sehr geringen Einkommen bleibt der Zugang zu Kreditkarten verwehrt; als Ersatz müssen sie auf eine teure Prepaid Karte ausweichen. Obendrauf werden beim Empfänger Gebühren erhoben, die dieser versucht, mit innovativen Aufschlägen auf den Zahlenden abzuwälzen. Wenn man alle Kosten zusammenrechnet, entstehen bei einem jährlichen Transaktionsvolumen von ca. CHF 15'000 Gesamtkosten von CHF 300 - 750, was 2-5 % entspricht.
Fazit: ein effizientes Zahlungssystem ist erst dann gegeben, wenn keine Kosten anfallen und die Transaktionen in Echtzeit verbucht werden; eben wie bei Bargeld.
Kryptowährungen - eine echte Alternative?
Kryptowährungen scheinen auf den ersten Blick eine valable Alternative zu Bargeld zu bieten. Wer Transaktionen tätigen will, benötigt ein Blockchain Wallet, das kostenlos ist. Das Handling eines solchen E-Wallets ist allerdings umständlich und für viele Leute zu kompliziert. Die Kosten für Transfers von einem Wallet zum anderen sind moderat und tendieren Richtung Null. Um aber das E-Wallet mit Kryptowährung zu füllen, braucht man ein Konto auf einer Kryptowähungs-Plattform, wo man überhaupt erst seine Franken z.B. in Bitcoin tauschen kann. Bei Coinbase kostet der Wechsel 1.5 %, mit Kreditkarte ausgeführt sogar 4 %. Kurz: Transaktionen in Kryptowährungen als Zahlungsmittel sind aus Kostengründen nicht konkurrenzfähig. Hinzu kommen die hohe Volatilität, die einen sinnvollen Zahlungsverkehr grundsätzlich in Frage stellt, sowie berechtigte Sicherheitsbedenken.
Das Problem der hohen Kursschwankungen könnte mit der fixen Anbindung einer Kryptowährung an eine Leitwährung gelöst werden, was uns zur Idee des sogenannten Kryptofrankens führt. Es scheint aus heutiger Sicht nur eine Frage der Zeit zu sein, bis jemand diese Idee in die Tat umsetzt. Die Frage ist nur noch wer.
Ohne wirklich kostenneutrale Alternativen zu den heutigen elektronischen Zahlungsmitteln wird die Bewegung hin zu Kryptowährungen, die sich ausserhalb des Hoheitsgebiets der Zentralbanken befinden, kaum aufzuhalten sein. Mit Ausnahme der Schwedischen Reichsbank hat bislang keine weitere Zentralbank die Notwendigkeit erkannt, eine elektronische, an ihre Leitwährung gekoppelte E-Währung auszugeben, rsp. zu prüfen. Auch die SNB sieht momentan keinen Handlungsbedarf, denn aus Sicht der Notenbank funktioniert der elektronische Zahlungsverkehr seit der Einführung des Zahlungssystems SIC1987 einwandfrei und in Echtzeit. In der Tat war das SIC System damals seiner Zeit weit voraus, hat aber ausserhalb des Bankensystems zu keinen spürbaren Verbesserungen im elektronischen Zahlungsverkehr geführt.
E-Cash - das Ei des Kolumbus?
Eine Alternative zum Kryptofranken wäre denkbar einfach: Ohne Probleme könnte die Nationalbank E-Cash (elektronisches Zentralbankgeld) mit einem Transaktionskonto für Private und Firmen anbieten. Mit einer einfachen "App" könnten Transaktionen für alle Teilnehmer in Echtzeit abgewickelt werden - ohne Kosten und ohne Gegenparteirisiko. Ausser der Anonymität, die im Gegensatz zu Bargeld verloren ginge, wäre dies ein perfekter Ersatz für Bargeld - geeignet für sämtliche Transaktionen im digitalen Raum. Dazu ist nicht einmal die Blockchain Technologie notwendig.
Soweit wird es aber kaum kommen. Die SNB sieht kein Bedürfnis dazu. Der Zahlungsverkehr zwischen den Banken funktioniert ja reibungslos und eine persönliche Motivation besteht auch keine. Dank Personalkonditionen fallen bei den SNB Mitarbeitern keine Kosten für Kontoführung oder Bankkarten an. Für sie sind "Transaktionskosten Null" schon heute Realität. Wir hoffen, dass die Bevölkerungsumfrage der SNB hilft, die wirklichen Bedürfnisse der Zukunft zu antizipieren und umzusetzen.
Kryptofranken oder E-Cash - ein Wunschdenken?
Die gegenwärtige Situation bleibt unbefriedigend. In einem Wirtschaftssystem, das sich immer mehr digitalisiert, braucht es entweder den Kryptofranken (digitales Bargeld) oder E-Cash (elektronisches Zentralbankgeld). Zentralbanken sehen aber in Kryptowährungen momentan keinen Sinn.
Skeptiker behaupten, es handle sich bei Kryptowährungen um die grösste Blase aller Zeiten. Doch was auch immer mit den gegenwärtigen Kryptowährungen geschehen wird, ist nur bedingt relevant. Fakt ist, durch die Blockchain-Technologie entsteht eine Infrastruktur, die es erlauben wird, "Peer-to-Peer" Transaktionen zu tätigen. Dabei wird es keine Rolle spielen, ob Rechte an Fotografien, Schweizer Franken oder etwas Anderem übertragen werden.
Aus unserer Warte wäre die Variante E-Cash (elektronisches Zentralbankgeld) eine innovative Weiterentwicklung von Bargeld. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten wäre es ein Leichtes, wenn die SNB jedem Einwohner, jedem Schweizer Unternehmen Zugang zu einem kostenlosen Transaktionskonto verschaffen würde, das den inländischen Zahlungsverkehr abwickelt. Für die Banken würde sich wenig ändern. Kunden brauchen weiterhin Kontoverbindungen für Dienstleistungen wie Hypotheken oder Wertpapiergeschäfte. Die Volkswirtschaft als Ganzes würde jedoch profitieren mit einem Gewinn an Effizienz, tieferen Transaktionskosten und einem eleganten Einstieg in die dereinst bargeldlose Gesellschaft.
Christoph Schweizer, Partner
Weissenstein & Partner
Norbert Brestel
Ausgezeichnete, nicht-ideologische Zusammenfassung der Problematik Ich denke es sind nicht die Personalkonditionen welche die SNB davon abhält Konten für Private zu führen. Es ist mehr eine kulturelle Frage, deine Zentralbank macht keine Geschäfte mit Privaten... man wird sehen.
Thomas Bartholdi
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